MIBAG TIPP
Michael Dells Spezialgebiet ist die Zukunft. Der Forscher und Experte fรผr Innovationen erklรคrt im Interview, warum unser Handy bald unserย Haus im Griff haben wird und warum nichtย jeder Trendย innovativ ist.
Herr Dell, der digitale Sprachassistent โAlexaโ des grรถรten Online-Versand-hรคndlers der Welt hat die Haushalte erobert. Ist die Stimme, die uns Musik abspielt, die Uhrzeit ansagt oder das Wetter kennt, der Vorbote einer digitalen Zukunft im Haushalt?
Ein ganz kleiner Vorbote. Bei diesem digitalen Assistenten handelt es sich um einen verkaufsorientierten Sprachassistenten. Eigentlich soll man Alexa sagen, was man รผber Amazon kaufen will, auch wenn das Gerรคt zusรคtzlich andere Funktionen hat. An sich werden Sprachassistenten aber ein wichtiges Thema werden, weil die Menschen diese Technik mittlerweile auch akzeptieren.
Alexa fรผhrt unwiderruflich zum รberbegriff โSmart Houseโ. Was wird unsere Wohnorte so schlau werden lassen?
Wir werden viele Dinge sehen. Das Licht zuhause wird zum Bei-spiel automatisch ein- und aus-schaltbar sein, auch die Temperatur wird automatisch gesteuert werden. รberhaupt wird das Fernsteuern groร aufkommen. Ein Paket wird รผber einen kleinen Windfang zugestellt werden kรถnnen, dessen Tรผren per App fรผr den Postmann zu รถffnen sein werden. Das wird Auswirkungen haben auf die Innen- und Auรengestaltung von Gebรคuden, da die Leute tendenziell immer mehr solcher Hilfen in Anspruch nehmen mรถchten. Diese Mรถglich-keiten gibt es bereits, sie entsprechen dem Stand der Technik, aber die Technologie wird noch nicht flรคchendeckend eingesetzt.
Wie kann man bei Schadensfรคllen von Technologien profitieren?
Wenn ein Wasserschaden begutachtet wird, kommt heute ein Versicherungssachverstรคndiger, der in der linken Hand ein Diktaphon hรคlt und in der rechten eine Kamera. Im idealen Fall hรคlt er bereits in beiden Hรคnden einfach sein Smartphone. Seine Informationen werden dann aufwendig und schwerfรคllig in ein Word-Dokument verpackt. Er kรถnnte aber auch einfach Fotos machen, Textnachrichten dazu sprechen und die Informationen werden automatisch verarbeitet und weitergeleitet. Fotos wรผrden per GPS-Signal benannt und direkt am Plan verortet werden. All das wรคre Stand der Technik, wird aber nicht verwendet.
Was kรถnnte sich im Bereich des Brandschadens tun?
Fast die Hรคlfte der Wohnungs-brรคnde entsteht in den Kรผchen. Fast jede Kรผche besitzt eine Dunstabzugshaube. Allerdings haben nur wenige Gastronomie-betriebe Abzugshauben, die auch lรถschen kรถnnen. Man mรผsste auch Versicherungen miteinbeziehen, sodass Polizzen teurer werden, wenn man keinen entsprechenden Schutz eingebaut hat. Wir werden auch Sensoren brauchen, die Gas und Rauch messen, Kabelbrรคnde wird man รผber Smartmeter frรผher orten kรถnnen und die Schimmelmessung wird mรถglich sein. Oder man denke nur daran, was es fรผr einen Allergiker bedeuten wรผrde, wenn man ihm einfach sagen kann, wie viel Hausstaub sich gerade in seiner Wohnung befindet und wie viel entspannter er leben kรถnnte, wรผrde er รถfter saugen. Es gibt in diesen Bereichen viele Kleinserien und Prototypen, aber es ist nichts patentierbar, weil nichts besonders neu ist.
Steht uns insgesamt gesehen also eine Zukunft voller Hightech bevor?
Ja und nein. Es wird auch Trends geben, die sogar Lowtech sind. Wenn wir darรผber nachdenken, dass wir heuer einen sehr heiรen Sommer erlebt haben, wird es ein groรes Thema sein, Stรคdte zu kรผhlen. Das wird mit begrรผnten Dรคchern und Fassaden sowie Freiflรคchen mรถglich. Gezielte Begrรผnung kann die verdichteten Flรคchen im urbanen Raum um bis zu 2,5 Grad abkรผhlen. Das entspricht gefรผhlt etwa zehn Grad Auรentemperatur und ist unheimlich wertvoll. Auch werden in vielen Stรคdten bereits Flรผsse wieder freigelegt, was eine sehr alte Methode ist, von der wir schon vor 2.000 Jahren gewusst haben. Das ist eine wichtige Entwicklung, wenn man bedenkt, dass aufgrund der vielen Klimaanlagen und Kรผhlgerรคte heutzutage mehr Energie zum Kรผhlen verbraucht wird als zum Heizen.